Lanz und die Linke: Kurzsichtige Empörung

Wieso die Linke vorsichtig mit der Rauswurf-Petition gegen Markus Lanz umgehen sollte.

26.01.2014
Jürgen Klute

Zum medialen Schlagabtausch zwischen Herrn Lanz und Frau Wagenknecht wurde schon einiges gesagt. Das Internet eröffnet eben auch den Beitragszahlern der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die Möglichkeit, sich mit ihrer Kritik an den mitfinanzierten Sendungen Gehör zu verschaffen. Das kann man als Zugewinn an Demokratie begreifen. Dieser Sichtweise will ich hier auch gar nicht widersprechen. Dennoch scheint mir die Empörung, die in der von Maren Müller gestarteten Petition zur Entlassung von Maren Müller zum Ausdruck kommt, auch blind zu machen: Für die denkbaren politischen Konsequenzen eines solchen Vorgehens. Und für die Frage, ob es politisch klug ist für Die Linke, wenn reihenweise Funktionäre zur Unterstützung dieser Petition aufrufen.

Wenn empörte BürgerInnen ihrem Ärger in einer solchen Petition Luft machen ist das eine Sache. Wenn Funktionäre einer Partei, die für sich reklamiert, die einzige wirkliche Verteidigerin von Demokratie, Meinungs- und Pressefreiheit zu sein, das macht, dann sieht die Sache schon etwas anders aus. Passt die Forderung an das ZDF, Markus Lanz für sein unbequemes und vielleicht auch fragwürdiges Verhalten gegenüber Sahra Wagenknecht zu entlassen, mit den reklamierten Positionen der Linken zusammen? Zur Meinungs- und Pressefreiheit (oder besser: Medienfreiheit) gehört es eben auch, dass TV-Moderatoren Politiker und Politikerinnen hart angehen.

Wo will man hier die Grenze ziehen zwischen dem, was akzeptabel ist und was nicht? Letztlich hängt das doch von der Sympathie und politischen Nähe zu den Personen ab, die sich zur Teilnahme an einer solchen Veranstaltung bereit erklärt haben – und meist auch davon profitieren. So ist es gewiss kein Zufall, dass sich eine Sympathisantin der Linken hier für Sahra Wagenknecht stark gemacht hat. Für andere Personen, die ihr politisch weniger nahe stehen und ihr wohl auch weniger sympathisch sind, hat Maren Müller das zuvor nicht gemacht. Meinungs- und Pressefreiheit heißt aber doch gerade auch, das zuzulassen und zu tolerieren, was im – mitunter auch krassen – Widerspruch zur eigenen Meinung, zur eigenen Position und zum eigenen Geschmack steht. Mein persönliches Nicht-Einverstanden-Sein damit zum Ausdruck zu bringen, ist umgekehrt ebenfalls Teil der Meinungs- und Pressefreiheit. PolitikerInnen haben aber dafür Sorge zu tragen, dass dieses Recht beiden Seiten zuteil wird und dass es erhalten bleibt.

In diesem Sinne ist es das gute Recht empörter BürgerInnen, eine solche Petition auf den Weg zubringen und zu unterstützen. Nur wenn Parteifunktionäre der Linken so offensiv zur Unterstützung dieser Petition aufrufen, dann ist das politisch blind. Es geht dabei nicht um Kritik an Lanz, sondern um die Aufforderung an das ZDF, ihn zu entlassen, weil er quer zu eigenen Sicht der Dinge steht. Das heißt eben nichts anderes, als das Unliebsame, das Andere aus der Öffentlichkeit verbannen zu wollen.

Denn: Was man mit Markus Lanz machen kann, dass kann man jederzeit z.B. auch mit linksorientierten, kritischen Kabarettisten machen. Sicher gibt es auch mehr als genug Bürger, die sich von Wilfried Schmicklers Verbal-Verrissen unserer Regierenden oder von Jürgen Beckers Witzen auf Kosten der katholischen Kirche auf den Schlips getreten fühlen. Bekäme man Markus Lanz mit dieser Petition vom Bildschirm, kann man Wetten darauf abschließen, wann die erste Petition folgen würde, um Schmickler, Becker, Schramm oder Pispers vom Sendeplan zu verbannen. In einem solchen Klima der Intoleranz möchte ich allerdings nicht leben!

Die Linke sollte auch im Eigeninteresse vorsichtig sein. Sie wird von konservativer Seite immer mal wieder in eine radikale Ecke gestellt mit dem klaren Ziel auszuloten, ob man Die Linke nicht mit Verboten traktieren kann. Wer kann denn ausschließen, dass Konservative nicht demnächst das Instrument einer Petition erproben, um Die Linke unter Druck zu setzten? Eine solche Entwicklung kann Die Linke nicht wollen. Nur nach der massiven Unterstützung der Petition zur Entlassung von Markus Lanz durch Funktionäre der Linken hat die Glaubwürdigkeit der Linken bezüglich Demokratie, Meinungs- und Medienfreiheit Schrammen bekommen.

Ob Wegschalten nicht doch die klügere Reaktion ist, wenn man sich über einen TV-Moderator oder einen Journalisten (oder Kabarettisten) ärgert, sollten sich linke Funktionäre doch noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Das Argument, man wolle mit seinen Gebühren nicht solche Sendungen mitfinanzieren, trägt meines Erachtens nicht. Es können schlicht nicht alle Sendungen der öffentlich-rechtlichen Sender allen BeitragszahlerInnen gefallen. Das Gebührenmodell beruht darauf, dass man auch Sendungen mitfinanziert, die nicht dem eigenen, sondern dem Geschmack anderer entsprechen. Auch das hat etwas mit Demokratie zu tun. Und wenn alles nicht hilft, bleibt noch der Griff ins Bücherregal als Alternative zu linkem Fernsehfrust und blinder Dauerempörung ...