Beziehungen zu Kuba normalisieren
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG von W. MEYER, P. LE HYARIC, S. LÖSING, J. KLUTE u.a.
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf den auf Initiative des früheren spanischen Ministerpräsidenten José María Aznar formulierten Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 2. Dezember 1996 zu Kuba,
– unter Hinweis auf die 2003 von der Europäischen Union verhängten Sanktionen, die 2005 ausgesetzt und im Juni 2008 endgültig aufgehoben wurden,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 24. Juni 2008, aus denen hervorgeht, dass die EU bereit ist, einen umfassenden und offenen Dialog mit den kubanischen Behörden aufzunehmen und dabei alle Fragen von beiderseitigem Interesse anzusprechen, sowie dass dieser Dialog das gesamte Spektrum der Bereiche umfassen sollte, in denen eine Zusammenarbeit ins Auge gefasst werden könnte, d. h. Politik, Menschenrechte, Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und andere, wobei er auf Gegenseitigkeit beruhen und ohne Bedingungen, frei von Diskriminierungen und ergebnisorientiert geführt werden sollte,
– unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte,
– gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass der kubanische Bürger Orlando Zapata Tamayo bedauerlicherweise nach einem Hungerstreik in einem kubanischen Krankenhaus verstorben ist, obwohl er eine angemessene medizinische Behandlung erhalten hat,
B. in der Erwägung, dass der Gemeinsame Standpunkt die EU daran hindert, umfassende und offene Beziehungen zur kubanischen Regierung auf der Grundlage der beiderseitigen Interessen zu pflegen, und dass Kuba der einzige Staat weltweit ist, demgegenüber die EU diese außergewöhnliche Haltung einnimmt,
C. in der Erwägung, dass der spanische Ratsvorsitz sein Interesse erklärt hat, eine Diskussion darüber zu eröffnen, inwieweit Bemühungen zur Erzielung eines Abkommens sinnvoll wären, damit die Beziehungen der EU zu Kuba auf einem bilateralen Rechtsakt gegründet werden können,
D. in der Erwägung, dass im Hinblick auf eine Normalisierung der Beziehungen zur EU die kubanischen Behörden wiederholt ihre Bereitschaft geäußert haben, auf der Grundlage gegenseitigen Respekts und eines Dialogs gleichberechtigter Partner umfassende Gespräche über jedes Thema von beiderseitigem Interesse einschließlich der Menschenrechte zu führen,
E. in der Erwägung der schwerwiegenden Auswirkungen des Wirtschafts‑, Handels- und Finanzembargos, das die USA unter eklatantem Bruch des internationalen Rechts seit über 50 Jahren gegen Kuba aufrechterhält, sowie der Drohungen und Angriffe aller Art gegen Kuba, die teilweise terroristischer Natur sind, und der zumeist von den USA ausgehenden wiederholten Bemühungen, Kuba zu destabilisieren,
F. in der Erwägung, dass sich das Embargo auf die kubanische Wirtschaft und die Lebensbedingungen der Kubaner schädlich auswirkt und dass die Regierung Kubas ihren Bürgern dennoch weiterhin freien Zugang zu Gesundheitsversorgung und Bildung gewährt,
G. in der Erwägung, dass fünf kubanische Bürger in den USA seit 1998 ohne eine fairen Prozess einsitzen und dass andererseits die Regierung der USA weiterhin einem kubanischen Bürger Schutz gewährt, der den Bombenanschlag auf ein ziviles Flugzeug angestiftet hat, bei dem 76 Menschen zu Tode kamen,
1. bedauert den Tod des kubanischen Bürgers Orlando Zapata Tamayo in einem kubanischen Krankenhaus nach einem Hungerstreik;
2. fordert die EU dazu auf, den Gemeinsamen Standpunkt aufzuheben und einen umfassenden politischen Dialog mit der kubanischen Regierung aufzunehmen, für den dieselben Kriterien gelten, die sie auf alle Staaten, zu denen sie Beziehungen unterhält, anwendet;
3. begrüßt in diesem Zusammenhang den Beschluss des Rates aus dem Jahr 2008, die Sanktionen gegen Kuba aufzuheben, und fordert den Rat dazu auf, zu diesem Beschluss zu stehen;
4. bekräftigt seine entschiedene Verurteilung des Embargos und fordert dessen unverzügliche Aufhebung, wie sie bereits achtzehnmal von der überwiegenden Mehrheit der UNO-Mitgliedstaaten in der Generalversammlung gefordert worden ist;
5. unterstützt die Anstrengungen des spanischen Ratsvorsitzes, die Beziehungen zwischen der EU und Kuba zu normalisieren, wobei dieser Prozess in einer vollständigen Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts seinen Höhepunkt finden würde, und hofft, dass der Tod von Orlando Zapata Tamayo diesen Prozess nicht aufhalten wird;
6. fordert einen engeren Dialog sowie eine dauerhafte Grundlage für eine echte Partnerschaft zwischen der EU und Kuba für die Behandlung von Angelegenheiten gemeinsamen Interesses einschließlich Menschenrechtsangelegenheiten;
7. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und Beitrittsländer, dem AKP-EU-Ministerrat, der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU, der Parlamentarischen Versammlung Europa-Lateinamerika und der Regierung und der Nationalversammlung der Republik Kuba zu übermitteln.