IWF-Spitze nicht länger feudalistisch besetzen!
Plenarrede und Pressemitteilung zur Nachfolge von Dominique Strauss-Kahn
Nach dem Rücktritt von Dominique Strauss-Kahn vom Vorsitz des Internationalen Währungsfonds geht die französische Finanzministerin Christine Lagarde für seine Nachfolge ins Rennen. Während sich die EU gegenüber offener Kritik an der althergebrachten Ernennungspraxis taub stellt, bekommt Lagarde nun Konkurrenz aus der Zivilgesellschaft: Das globalisierungskritische Netzwerk attac schlägt die französische Finanzmarktexpertin Aurélie Trouvé für den IWF-Vorsitz vor, und fordert, die Organisation zur Anti-Spekulationsbehörde umzubauen.
Jürgen Klute, Finanzpolitiker der LINKEN im Europaparlament begrüßt die NGO- Initiative und spricht sich für eine Demokratisierung des Wahlverfahrens im IWF aus: "Die Änderung der Berufungsverfahren im IWF darf nicht länger hinaus gezögert werden. Wir müssen zu einem offenen, transparenten, und vor allen Dingen auch qualitäts- und qualifikationsbasierten Wahlverfahren kommen und die berechtigte und geballte Kritik von NGOs und Nicht-G8-Ländern nicht länger ignorieren. Dazu gehört auch eine Kombination aus der Stimmenmehrheit der Mitglieder des IWF und einer Mehrheit der Anteile am IWF. Das entspräche auch den Veränderungen der globalen Wirtschaftsverhältnisse und das gäbe auch Entwicklungs- und Schwellenländern die Chance, ihre Erfahrungen mit Strukturprogrammen in die weitere Entwicklung des IWF einzubringen." Klute weiter : "Die Weltwirtschaft steht vor zu großen Umwälzungen und Herausforderungen, als dass wir nach dem Rücktritt von Strauss-Kahn einfach zur Tagesordnung übergehen können. Bisher teilen sich die EU und USA die Führungsposten im IWF auf, als hätten sie die Kontrollaufgabe über die Weltwirtschaft quasi als Gutsherren geerbt. Das ist Feudalismus und hat mit Demokratie nichts zu tun. Bedenkt man, dass beide Regionen heute als Unsicherheitsfaktoren der Weltwirtschaft auftreten, ist dies auch sachlich durch nichts zu rechtfertigen."
PLENARREDE
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht doch hier nicht so sehr um Personen, sondern es geht hier erst einmal um ein Wahlverfahren. Wer Auskünfte über das Verfahren zur Auswahl des IWF-Chefs im Internet recherchiert, findet erstaunlicherweise im Grunde nur die Antwort, dass sich die USA und Europa die beiden Führungsposten teilen. Das heißt, die wirtschaftlich stärksten Länder teilen unter sich sozusagen als Minderheit die Kontrolle über die Weltwirtschaft auf.
Das ist Feudalismus, das hat nichts mit Demokratie zu tun und deshalb können wir das auch nicht akzeptieren. Aus unserer Sicht bietet der Rücktritt von Dominique Strauss-Kahn die große Chance, an dieser Stelle zu einer tiefgreifenden Änderung des Berufungs- und Wahlverfahrens zu kommen, zu einem offenen, transparenten und vor allen Dingen auch qualitäts- und qualifikationsbasierten Wahlverfahren, wie ihn auch etliche NGO in letzter Zeit gefordert haben.
Dazu gehört auch eine Kombination aus der Stimmenmehrheit der Mitglieder des IWF und einer Mehrheit der Anteile am IWF. Bisher werden nur die Anteile am IWF berücksichtigt, was eine strukturelle Mehrheit der wirtschaftlich starken Länder sichert. Eine solche Reform, eine solche Änderung des Wahlverfahrens entspräche der Reform des IWF, das entspräche auch den Veränderungen der globalen Wirtschaftsverhältnisse und das gäbe auch den Entwicklungsländern die Chance, ihre Erfahrungen mit dem IWF in die weitere Entwicklung des IWF einzubringen.
Schließlich – das will ich an dieser Stelle noch abschließend bemerken – muss der IWF darauf verpflichtet werden, im Interesse der Verringerung der globalen Ungleichgewichte und der Armut zu arbeiten.