Wirtschaftliche Lage in der Eurozone: Augenwischerei statt ehrliche Analyse

Matias-Bericht zur EZB in der Plenar-Diskussion.

18.04.2013
Jürgen Klute
Die Rolle der Europäischen Zentralbank in der Krise

Jürgen Klute, Koordinator der Linken im Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments spricht im Plenum zu dem Bericht der portugiesischen Abgeordneten der europäischen Linken, Marisa Matias, über die Rolle der EZB:

"Auf unserer Tagesordnung steht diese Woche der Jahresbericht zur Europäischen Zentralbank. Nach den EU-Verträgen ist die EZB diesem Haus gegenüber rechenschaftspflichtig, und mit dem Bericht, über den wir morgen abstimmen, erfüllen wir unsere Aufgabe der demokratischen Kontrolle der Zentralbank zumindest in dem Rahmen, den uns der Vertrag vorgibt.

Die Bedeutung der EZB ist heute angesichts der Krise so wichtig wie nie. Wir sollten deshalb unsere Kontrollfunktion so wichtig wie nie nehmen. Marisa Matias hat in ihrem Bericht viele schwierige und manche heikle Fragen angesprochen, und der Wirtschaftsausschuss hat sich in seiner Mehrheit hinter ihre Analyse gestellt. Haben wir die richtige Lösung für die Krise gefunden? Sehen die Krisenländer am Ende des Tunnels Licht? Braucht die EZB nicht ein neues Mandat angesichts der Fülle der neuen Aufgaben, die sie übernommen hat? Diese Fragen hat Marisa in ihrem Bericht völlig zu Recht angesprochen. Die Bürger und Bürgerinnen erwarten von uns, dass wir diese Fragen stellen und ehrlich beantworten. Unsere Bürger haben genug von Augenwischerei und Durchhalteparolen, die sie nun schon fünf Jahre von uns zu hören kriegen.

Wenn ich mir einige der Anträge ansehe, die im Namen der EVP-Fraktion eingebracht wurden, dann frage ich mich doch tatsächlich, weshalb sie eigentlich die Realitäten in den Krisenländern so nachhaltig ignorieren wollen. Herr Draghi selbst hat eben darauf hingewiesen, wie dramatisch die Lage in einigen Ländern, die unter dem Regime der Troika stehen, aussieht und dass die Maßnahmen in drei, vier Jahren nicht zu dem geführt haben, zu dem sie führen sollten und was den Leuten versprochen worden ist.

Die Eurozone ist die einzige Weltregion, die auch 2013 - eben fünf Jahre nach Beginn der Finanzkrise - nicht aus der Rezession gefunden hat. Anstelle einer Analyse dieser Lage wollen Sie behaupten, die Lösung hätten wir längst gefunden? Während wir den schwächsten unserer Mitgliedstaaten sehr genau vorschreiben, wie sie ihren Haushalt zu gestalten haben, möchten Sie Finanzinstitute, die wesentlich höhere Liquiditätshilfen erhalten haben, in Watte packen. Die Bürger und Bürgerinnen kritisieren uns dafür, wenn wir nicht konsequenter versuchen, unseren Bankensektor zum Dienst an der Realwirtschaft zu verpflichten.

Ich bitte Sie deshalb, den Bericht in der Abstimmung so zu unterstützen, wie die Kollegin Matias ihn mit den Shadows ausgehandelt hat und wie er im ECON angenommen worden ist."