EU-Haushalt: Streit zwischen Rat, Parlament und Kommission Zahlungsausfall aufgeschoben
HINTERGRUNDBEITRAG von JULIA KLAUS
Zu erklären sind die Animositäten wohl nur damit, dass zwischen Parlament und Rat kaum je eine tatsächliche Freundschaft existierte, zu unterschiedlich sind die Interessen und die politischen Zielsetzungen. Die Regierungen der Mitgliedsländer verkaufen es in ihrer Heimat regelmäßig als Erfolg, wenn sie weniger Geld an die EU überweisen und auch die Bundesregierung hat keine Schwierigkeiten damit, der EU neue Aufgaben zuzuweisen, ohne ihr mehr Geld zur Verfügung zu stellen – das dürfte vor allem Kommunalpolitikern seltsam bekannt vorkommen. Andererseits sperren sich die Regierungschefs massiv gegen Vorschläge aus dem EU-Parlament, die Eigenmittel der EU zu stärken – ein entsprechender Vorschlag aus dem Parlament, eine Kommission einzusetzen, die diese Mittel auslotet, trifft im Rat auf Granit. Obwohl Eigenmittel der EU selbstverständlich die Mitgliedsländer finanziell entlasten würden, müssten sie doch weniger zur Finanzierung der EU beitragen.
Auf der anderen Seite steht das Parlament, in diesem Zusammenhang oft im Schulterschluss mit der EU-Kommission, für eine stärkere Unabhängigkeit der EU von den Finanzspritzen und den als Gängelung verstandenen, bewusst zu kleinen Haushaltsplänen. Bereits der Haushalt 2012 wurde vom Rat nur in unzureichender Form bewilligt – es war von Anfang an klar, dass er lediglich bis zum Oktober reichen würde.
Government shut down in Brüssel?
Eines der gegenwärtigen Haushaltslöcher wurde am Donnerstag in einer Hau-Ruck-Aktion geschlossen: Nachdem das Parlament sich standhaft weigerte, über die Finanzplanung 2014 bis 2020 weiter mit dem Rat zu reden, solange die aktuellen Defizite nicht ausgeglichen werden, bewilligte der Rat eine weitere Zahlung von 2,7 Milliarden Euro, das Parlament stimmte am Donnerstag zu. Dieser Nachschuss ist nötig geworden, weil die Zolleinnahmen – eine der wenigen und zudem eine deutlich nachlassende eigene Finanzquelle der EU – merklich unter der Prognose geblieben sind. Einen zweiten Nachschuss von 3,9 Milliarden Euro will der Rat am 30. Oktober abstimmen, dieses Geld wird gebraucht, um zugesagte Unterstützung bei der Bewältigung der Flutschäden in Deutschland, Österreich und Tschechien sowie zur Bewältigung einer Dürre in Rumänien zu leisten.Fließt das Geld nicht, ist die EU im November zahlungsunfähig, auch ein Aufschub ist nicht möglich, weil die EU keine Schulden aufnehmen kann.
Für den mehrjährigen Finanzrahmen 2014-2020, der eigentlich in dieser Woche im Parlament hätte verabschiedet werden sollen, warten die Abgeordneten noch immer auf klare Aussagen des Rates. So fordern die Parlamentarier neben der Kommission zu den Eigenmitteln mehr Flexibilität, um die knappen Mittel in Zukunft optimal nutzen und sie zwischen Haushaltsjahren und Haushaltslinien verschieben zu können. Eine Revisionsklausel soll es den Mitgliedern des nächsten Parlaments nach der Wahl im Mai 2014 und der neuen EU-Kommission ein Mitspracherecht über den Haushalt geben. Diese beiden Punkte sind recht unproblematisch, um den Ausgleich des laufenden Haushaltes streiten Rat und Parlament allerdings bereits seit Juli – jetzt scheint zumindest eine Einigung in Sicht.
Abgestimmt wurde in dieser Plenarwoche eine Entschließung zum Haushalt 2014, dafür schlägt das Parlament 142,6 Milliarden Euro vor (136,1 Mrd. € für Zahlungen), ein Rückgang von 8,1 Milliarden Euro gegenüber 2013, aber immer noch über der Ratsposition. Der Rat hatte den ursprünglichen Haushaltsvorschlag der Europäischen Kommission von 142,01 Milliarden Euro (135,9 Mrd. € für Zahlungen) auf 141,8 Milliarden Euro (134,8 Mrd. € für Zahlungen) gekürzt. Damit haben die EU-Abgeordneten die vorgeschlagenen Kürzungen des Rates bei den Ausgaben für Forschung und Beschäftigung sowie humanitäre Hilfe wieder rückgängig gemacht.
Effektiv steht nur die Hälfte des Geldes zur Verfügung
Dennoch werden die Mittel auch 2014 nicht ausreichen. Die Europäische Kommission hat bereits angekündigt, dass voraussichtlich die Hälfte der Mittel vom Budget 2014 dazu genutzt werden müssen, um laufende Programme des MFR 2007-2013 abzuschließen – also ein finanzieller Übertrag aus der vergangenen in die nächste Haushaltsperiode, ohne dass dies bei der finanziellen Ausstattung berücksichtigt würde. Die EU bleibt also chronisch unterfinanziert, obwohl gerade sie einen Beitrag dazu leisten könnte, die Wirtschaft in den krisengeschüttelten Ländern zu stimulieren, Arbeitsplätze, insbesondere für Jugendliche, zu schaffen und gegen die stark gestiegene Armut zu kämpfen.Parlament und Rat haben nun drei Wochen Zeit, um eine Einigung zu finden. In der Plenarsitzung im November soll dann der Haushalt für 2014 endgültig abgestimmt werden.