Schlechtes Zeugnis für die Troika

EU-Abgeordnete kritisieren Bilanz der Troika und fordern demokratische Mindeststandards

14.03.2014

Gut zwei Monate vor der Europa-Wahl hat das Europäische Parlament am Donnerstag mit großer Mehrheit eine Stellungnahme zur Arbeit der Troika verabschiedet. Die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds, in der Euro-Krise eilends von EU-Mitgliedsländern ins Leben gerufen, sollte die durch die Finanzkrise mit verursachte Wirtschafts- und Schuldenkrise in der EU bewältigen – und hat in den betroffenen Ländern mit einer knallhart durchgesetzten Sparpolitik eine Zerstörung sozialer Sicherheit ungekannten Ausmaßes mit verursacht.

Jürgen Klute, Koordinator der Linken im Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments: „Diese Stellungnahme ist zumindest an einigen Punkten eine schallende Ohrfeige für die Mitgliedsländer und die Troika. Das Parlament erinnert daran, dass die Organe der EU – allen voran die Kommission als Hüterin der Verträge –unter allen Umständen das europäische Recht zu wahren haben. Dagegen hat die Troika eindeutig verstoßen, indem sie bei den Vereinbarungen mit Griechenland, Zypern, Irland und Portugal die Tariffreiheit missachtete und massive Kürzungen im Sozial- und Gesundheitsbereich einforderte.“ Die Vereinbarungen, die sogenannten Memoranda of Understanding, sind Grundlage für die Kürzungspolitik in den betroffenen Ländern: erst nachdem zum Beispiel Zypern die Vereinbarung mit der Troika angenommen hatte, wurden Mittel freigegeben, um das Land vor dem Staatsbankrott zu retten. Klute: „Der Bericht stellt eindeutig fest: das Streben nach wirtschaftlicher Stabilität darf die garantierte soziale Sicherheit, eine gute Gesundheitsversorgung keinesfalls untergraben – genau das ist aber geschehen.“

Klute weiter: „Das Zustandekommen dieser Vereinbarungen, auch das stellt der Bericht fest, war allenfalls teilweise demokratisch legitimiert. Die Kritik der zyprischen Regierung an dem von der Troika vorgeschlagenen Plan, auch Bankeinlagen unter 100.000 Euro für eine Stärkung des Bankensektors heranzuziehen, wurde von der Troika erst nach langwierigen Verhandlungen und auf massiven öffentlichen Druck berücksichtigt.“ Für Zypern verlangte die Troika ursprünglich, dass alle Bankguthaben, also auch kleinere Einlagen, für einen so genannten Bail-in herangezogen würden, um die nach dem griechischen Schuldenschnitt in Schieflage geratenen zyprischen Banken zu stabilisieren. „Aber auch mit dem Blick auf das große Ganze spart der Bericht nicht an Kritik: Es sei nicht gelungen, eine Ansteckung der krisenhaften Entwicklung zwischen einzelnen Euro-Ländern zu verhindern – eines der zentralen Anliegen der Troika wurde also eindeutig verfehlt.“

Trotz dieser durchaus positiven Elemente: eine der zentralen Forderungen der Stellungnahme greift zu kurz: Selbstverständlich muss die Troika sich einer sauberen demokratischen Kontrolle unterwerfen, durch die nationalen Parlamente ebenso wie durch das Europäische Parlament – und selbstverständlich darf die Forderung nach einem ausgeglichenen Haushalt nicht auf Gedeih und Verderb der sozialen Sicherheit übergeordnet werden. Eine tatsächliche Lösung der Krise in der EU kann aber nur dann erreicht werden, wenn endlich die einseitige Orientierung auf Haushaltsdefizite aufgegeben und ein Ausgleich zwischen Überschüssen und Defiziten erreicht wird, wenn Impulse für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung in den schwächeren EU-Ländern gegeben werden und zumindest eine koordinierte Steuerpolitik vereinbart wird, die Entwicklungen wie in Zypern oder Irland vorbeugen würden.

Aber bei aller Kritik: die Stellungnahme ist ein deutlicher Schritt nach vorn, der Troika und Mitgliedsländern einiges ins Stammbuch schreibt. Daran, wie weit sie der Position des EP folgen, müssen sich Bundesfinanzminister Schäuble, IWF-Chefin Lagarde, Mario Draghi von der EZB und EU-Kommissar Olli Rehn messen lassen, wenn sie davon sprechen, die Krise überwinden zu wollen.

„Die Linke im Europäischen Parlament hat aus meiner Sicht eine große Chance vertan: statt die zwar wirtschaftlich und demokratietheoretisch begründete, aber durchaus scharfe Kritik dieses Berichts zu stärken, hat sie die Position des Europäischen Parlaments an dieser Stelle geschwächt. Die Kritik des Europäischen Parlaments als Antwort auf die intergouvernemental verankerte, wesentlich von Deutschland zu verantwortende Austeritätspolitik in einigen EU-Ländern wird nicht mit getragen. Während die Bundesregierung ebenso wie konservative Medien das Europäische Parlament für diesen Bericht schelten, stellt sich die Frage auf, warum hier auf die Möglichkeit verzichtet wird, Kritik an der Europa-Politik der Regierung Merkel zu üben.“