Wirtschafts- und Währungsunion alleine - das reicht nicht!
Debatte zum Thyssen-Bericht
Parlament erinnert sich an soziale Rechte - und vergisst das Gesamtkonzept
Kleinere Nachbesserungen hat das Europäische Parlament bei der Umsetzung der Vorschläge des Ratspräsidenten Herman van Rompuy vorgenommen, dabei allerdings leider aus dem Blick verloren, dass eine tragfähige Währungsunion nicht auf einem Fundament von Strukturanpassungsmaßnahmen aufgebaut werden kann. Die guten Seiten am mit großer Mehrheit gegen die Stimmen der LINKEN und einiger anderer Abgeordneter verabschiedeten Papier:
- Soziale Grundsicherung, ausreichende Finanzierung öffentlicher Dienstleistungen, angemessene, existenzsichernde Löhne sowie gleiches Geld für gleiche Arbeit und Standards für die sozial verantwortliche Umsetzung von Umstrukturierungen rücken den Fokus verstärkt auf die soziale Dimension
- Steuerdumping und Steuerhinterziehung sollen gezielt angegangen werden
- Die Einführung eines Schuldentilgungsfonds: das Parlament fordert einen Fonds, in den Schulden von Mitgliedsländern überführt werden, wenn sie 60 % des Bruttoinlandsprodukts überschreiten und die entsprechenden Staaten bestimmte - nicht ausgeführte - Kriterien erfüllen. Das Konzept beruht auf einem Vorschlag des deutschen Sachverständigenrates (die so genannten "Wirtschaftsweisen"), der in Deutschland allerdings von der Bundesregierung abgelehnt wird.
Der große Rest des Papiers befasst sich in weiten Teilen mit Maßnahmen, die den eingeschlagenen Weg der "Haushaltskonsolidierung" fortsetzen: Staaten mit Defiziten müssen die vereinbarten Sparmaßnahmen umsetzen, während die Ausweitung der Einnahmen - abgesehen von der Finanztransaktionssteuer - nur im Zusammenhang mit Steuerhinterziehung und -dumping ebenso wenig erwähnt wird wie die Sanktionierung von Staaten, die innerhalb des Euroraums hohe Außenbilanzüberschüsse erwirtschaften. Einer Sozialunion kommt die EU auf diesem Weg keinen Schritt näher. Aus diesen Gründen hat die LINKE im Europäischen Parlament gegen diesen Bericht gestimmt. Der weitere rechtliche Ablauf: Binnen eines Jahres muss die Kommission entweder einen entsprechenden Gesetzesvorschlag vorlegen oder erklären, warum sie das nicht tut.
- verzeichnet mehrere verabschiedete Texte, der diskutierte Bericht beginnt auf Seite 506)