Neue Regeln für Rating-Agenturen: Zurück zu den Wurzeln
Mit zwei Texten hat das Europäische Parlament heute die Macht der Ratingagenturen zumindest ein Stück weit verringert. Jürgen Klute, Koordinator für DIE LINKE im Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments zu Vorteilen und Lücken der anstehenden Regulierungen der Branche:
„Der Europäische Ratingindex wird endlich zu einer gemeinsamen Prognose der tatsächlichen Ausfallwahrscheinlichkeit beitragen." Der von der Finanzmarktaufsicht erstellte Index stellt den Durchschnitt des Ausfallrisikos für einzelne Produkte dar. Für die Berechnung werden alle verfügbaren Ratings für das entsprechende Finanzprodukt herangezogen. Klute: „Mit diesem neuen Index werden die Agenturen wieder ein bisschen näher an ihre eigentliche Aufgabe herangebracht: die Bewertung von Anlagen – seien es Pensionsfonds für die Altersversorgung oder Aktienderivate, ohne dass dabei politische Hintergründe eine Rolle spielen."
Hierzu trägt auch bei, dass künftig Publikums- und Hedgefonds nicht mehr automatisch Finanzprodukte abstoßen dürfen, wenn das Rating einer Agentur für das Produkt sinkt. Klute ergänzt: „Diese ebenso wie der Europäische Ratingindex zusammen mit Financewatch entwickelte Regelung kann aber nur ein erster Schritt sein. In den vergangenen Jahren wurde in zahlreichen gesetzlichen Regelungen der Bezug auf die Einstufung von Ratingagenturen für viele Finanzinstitute verpflichtend, vor allem Rentenversicherer und Pensionsfonds müssen aus Anlagen aussteigen, wenn sie unter ein bestimmtes Niveau fallen. Aus Anlegersicht ist diese Regelung durchaus sinnvoll, sie kann aber zu einer sich selbst verstärkenden Kaskade führen, wenn ein großer Fonds ein großes Volumen abstoßen muss." Daher mahnt die heute verabschiedete Richtlinie für die Zukunft weitere Initiativen an.
Auch in der zur Zeit noch zwischen Rat, Parlament und Kommission diskutierten Eigenkapitalrichtlinie wird mittelfristig eine Beseitigung von Vorschriften angemahnt, die eine automatische Reaktion auf die Bewertung externer Agenturen erfordern.
Staatsanleihen weiter im freien Spiel der Kräfte
Wenig befriedigend ist allerdings, dass auch weiterhin öffentliche Anleihen im Fokus der Ratingagenturen bleiben. Damit werden weiterhin demokratisch legitimierte Prozesse hintertrieben und unter Umständen ganze Staatswesen an den Rand des Ruins gebracht.
Bevor die beiden Texte in Kraft treten können, müssen sie noch mit dem Rat und der EU-Kommission abgestimmt werden.
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WEITERLESEN:
Die beiden Berichte finden Sie HIER: http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+REPORT+A7-2012-0220+0+DOC+XML+V0//DE & http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+REPORT+A7-2012-0221+0+DOC+XML+V0//DE
Hintergrundinformationen und Stellungnahmen von Financewatch finden Sie HIER!
Straßburg, 16. Januar 2013