Europäische Bankenaufsicht: Eine für die Großen

01.02.2013
Jürgen Klute, Karsten Peters, Tobias Gross / NEUES DEUTSCHLAND

Noch ist nichts endgültig entschieden, aber die Verhandlungen zwischen Europäischem Parlament, Rat und EU-Kommission zur einheitlichen Europäischen Bankenaufsicht nähern sich ihrem Ende. Mit diesem als Element der Bankenunion geplanten Mechanismus sollen vor allem die großen europäischen Banken und Institute, die öffentliche Unterstützung erhalten, von der Europäischen Zentralbank (EZB) kontrolliert werden.

Für die gemeinsame Aufsicht sprechen mehrere Gründe: Kompetenzgerangel zwischen Aufsichtsbehörden einzelner Ländern wird verringert, wenn eine Bank in mehreren EU-Ländern tätig ist. Zudem räumt die europäische Aufsicht mit einem grundlegenden Problem auf: Zahlreiche der Vorgaben für die Bankenaufsicht und -regulierung sind in Form von EU-Richtlinien formuliert. Diese müssen in nationalstaatliches Recht übersetzt werden, was einen gewissen Raum für inhaltliche Anpassungen lässt.

Andererseits birgt die europäische Aufsicht durchaus Risiken. Selbst wenn es gelingt, die Aufsichtsfunktion streng von der Funktion als Zentralbank zu trennen, bedeutet dies einen Machtzuwachs für eine durchaus umstrittene Behörde, die schon jetzt ein gewaltiges wirtschaftspolitisches Gewicht hat. Zudem besteht die Gefahr, dass Banken mit unterschiedlicher Risikostruktur und abweichenden Geschäftsmodellen von der zentralen Aufsicht genauso behandelt werden wie die Big Player. Dazu deutet sich in den Verhandlungen zwischen Rat, Kommission und Parlament inzwischen ein Kompromiss an, nach dem das neu geschaffene Aufsichtsgremium in der EZB formell für die Aufsicht aller Banken zuständig ist, die konkrete Arbeit aber je nach Größe und Komplexität der entsprechenden Banken aufgeteilt wird. So würde die EZB mit Sicherheit zuständig für die Deutsche Bank, kaum aber für die Sparkasse oder Volksbank. Die müssten sich nach wie vor mit der deutschen Bankenaufsicht Bafin auseinandersetzen.

Um den Informationsaustausch zwischen EZB und nationalen Behörden zu gewährleisten, richten die Aufseher ein neues Gremium unter dem Dach der EZB ein aus EZB-Vertretern und Mitarbeitern der nationalen Aufsichtsbehörden.

Die demokratische Kontrolle der neuen Institution ist ein weiterer Knackpunkt in den Verhandlungen: So macht sich das EU-Parlament stark für ein demokratisches Abstimmungsverfahren ohne Blockademinderheiten für das Gremium der Aufsichtsbehörden und dafür, dass die Vorsitzenden dieses Gremiums vom Plenum bestätigt werden müssen. Außerdem beharren die Parlamentarier auf dem Recht, die Arbeit des Gremiums in nichtöffentlichen Sitzungen unter die Lupe nehmen zu dürfen. Beides kommt beim Rat nicht besonders gut an.

Richtig umgesetzt bringt eine gemeinsame Aufsicht durchaus Vorteile, sie kann aber nur einer von mehreren Schritten sein, mit denen die Lehren aus der Finanzkrise gezogen werden. Neben dem ebenfalls zur Zeit verhandelten Abwicklungsmechanismus, der ein Konkursverfahren für Banken einführt, und einer europäischen Einlagensicherung ist die Einführung eines Trennbankensystems und die Verkleinerung der größten Banken erforderlich. Ein Trennbankensystem, wie es in den USA als Lehre aus der Weltwirtschaftskrise in den 30er Jahren geschaffen und 1999 abgeschafft wurde, verbietet einer Bank mit normalen Kundeneinlagen das Handeln auf eigene Rechnung an den Finanzmärkten. Gut umgesetzt und mit ausreichendem Abstand zwischen den dann getrennten Geschäfts- und Investmentbanken verringert sich das Risiko einer Ansteckung von Investmentbanken auf Geschäftsbanken ganz erheblich. Und selbst wenn eine Investmentbank dem Ruin entgegen geht, bleibt das Zahlungssystem davon relativ unberührt.

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Der Beitrag ist im NEUEN DEUTSCHLAND vom 1. Februar 2013 erschienen und kann auch HIER nachgelesen werden!