Jürgen Klute: Alternativen zum Kasino, auf dem Trampelpfad für eine andere EU

Zum DOWNLOAD: BILANZ-BROSCHÜRE - DIE LINKE im EUROPAPARLAMENT

25.11.2013

Nach beinahe fünf Jahren als EU-Abgeordneter der Linken ist es an der Zeit Bilanz zu ziehen. Hat das Engagement für eine EU, die Arbeitnehmerinteressen in den Mittelpunkt stellt, etwas gebracht? Anders gefragt: EU-Politik von links - geht das überhaupt?

Die Gremien, in denen ich die Linksfraktion GUE/NGL seit 2009 vertreten durfte, hatten mehr als große Aufgaben zu bewältigen. Allen voran der Wirtschafts- und Währungsausschuss, in dem ich unsere Fraktion als Koordinator vertrat. Von der demokratischen Kontrolle der Krisengipfel bis hin zur Aushandlung neuer Regeln für Europas Banken und Finanzmärkte - die Finanzpolitiker im EU-Parlament hatten in dieser Legislatur Verantwortung für den Bestand der europäischen Vereinigung zu tragen.

Wie der Haushaltsausschuss, in dem ich als stellvertretendes Mitglied mitgearbeitet habe, steht auch der Wirtschaftsausschuss heute bei den meisten Gesetzesvorhaben auf gleicher Höhe mit den Regierungsvertretern im Rat. Dank einer blanken und teilweise vertragswidrigen Blockade- und Erpressungspolitik unter Führung der Bundesregierung, ist es den nationalen Regierungen trotzdem gelungen, ihre eigene Krisen-Agenda durchzusetzen: Anstatt an Lösungen der Krise zu arbeiten, haben die „Geberländer" ein neuen Machtgefälle zwischen Gläubigern und Schuldnern durchgesetzt. Wenn es darum ging, Initiativen der EU-Kommission für eine Re-Regulierung der Finanzmärkten oder für den Schutz von Bankkunden und Kleinsparern umzusetzen, haben die Regierungen dagegen alles getan, um Zeit und Schlupflöcher zum Wohle „ihrer" Banken durchzusetzen.

Ebenso dramatisch: Der Gemeinschaftshaushalt, der die von der Krise betroffenen Länder bislang noch wirtschaftlich am Leben hält, wird ab 2014 massiv zusammengestrichen. Eine Mammutaufgabe der EU-Abgeordneten in der nun zu Ende gehenden Legislatur lag in der Aushandlung dieses, bis 2020 geltenden Haushaltsrahmens. Als Mitglied im Sonderausschuss und in der hochrangigen Koordinierungsgruppe zum Finanzrahmen 2014-2020 habe ich mich für eine ehrgeizige Kohäsionspolitik eingesetzt und den zeitweisen Oppositionskurs des Parlaments gegen die Kürzungspläne der „Geberländer" unterstützt.

Stichwort Finanzmarktregulierung: Im Herbst 2011 hat die EU-Kommission ein Paket für neue Spielregeln auf den europäischen Finanzmärkte vorgelegt. In Zusammenarbeit mit Aktivisten von attac, weed und anderen habe ich das Parlament von wirksamen Regeln gegen die Spekulation mit Rohstoffen überzeugt. Seit Sommer 2013 laufen die Verhandlungen mit den Finanzministern... In einer Vielzahl weiterer Gesetzesinitiativen habe ich mich für den Erhalt der öffentlich-rechtlichen Sparkassen-Landschaft, für eine schlagkräftige und demokratisch kontrollierte Finanzaufsicht sowie für die Zerschlagung von systemrelevanten Banken und Universalbanken eingesetzt. Als Berichterstatter verhandle ich derzeit eine Richtlinie, die EU-weit das Verbraucherrecht aufs Girokonto durchsetzen und Banken zu größerer Transparenz bei Kontogebühren und Überziehungszinsen verpflichten wird.

Trotz dramatischer Fehlentwicklungen im Zuge der Eurokrise - die Tatsache, dass die EU-Kommission die Überschuss-Politik der Bundesrepublik anprangert, ist ein Erfolg, an dem ich bei den Verhandlungen zur wirtschaftspolitischen Steuerung der Eurozone beteiligt war.

Besonders am Herzen lag es mir in den vergangen Jahren auch emanzipative Bewegungen in Lateinamerika und der Türkei zu unterstützen. Ich habe intensiv mit Vertretern der kurdischen Bewegung, mit Freihandelsgegnern aus Kolumbien und Landlosen in Paraguay zusammengearbeitet. Nach Jahren des Schweigens hat das Europaparlament im Februar 2012 über eine Plenardebatte das Wort ergriffen und eine friedliche Lösung der Kurdenfrage eingefordert.

Nach der verfassungswidrigen Absetzung des linken Präsidenten von Paraguay, Fernando Lugo im Juni 2012, ist die Mercosur-Delegation meiner Anregung gefolgt und hat mit einer Untersuchungsdelegation die geräuschlose Machtübernahme der Putschisten empfindlich gestört. Im Zentrum der politischen Konflikte in Paraguay wie auch in Kolumbien geht es um die Rechte der Kleinbauern und Landlosen. Auch wenn wir die Ratifizierung des Freihandelsvertrags EU-Kolumbien-Peru letztlich nicht verhindern konnten - eine Studie, die ich bei der niederländischen NGO somo in Auftrag gegeben hatte und die fehlende Mechanismen gegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung aufgedeckt hatte, hat den zuständigen Handelskommissar immerhin in Erklärungsnöte gebracht.

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