Fiskalpakt, Regulierung, Bankenunion: Schwarz und ein bisschen rosa...
Kurzbewertung des Koalitionsvertrags.
Die Bedeutung des Fiskalpaktes für die Stabilität der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten hebt der Koalitionsvertrag erneut hervor – und stärkt damit den schon von der bisherigen schwarz-gelben Koalition in der EU durchgedrückten Kurs der einseitigen und bornierten Sparpolitik, der die Verantwortung aller Beteiligten für den Abbau wirtschaftlicher Ungleichgewichte völlig ausblendet. Jürgen Klute, für die LINKE im Wirtschafts- und Währungsausschuss im Europäischen Parlament: „Dass die deutschen Überschüsse immer Defizite auf der anderen Seite bedeuten, ist bei den Verhandlungsführern aus Union und SPD offensichtlich noch immer nicht angekommen – und das, obwohl Sozialdemokraten im Wahlkampf regelmäßig die Solidarität innerhalb der EU betont haben."
Koalitionsvertrag versagt mit Blick auf die Europäische Krise und die Finanzmarktregulierung
Aber nicht nur beim Fiskalpakt haben sich im Koalitionsvertrag offenkundig konservative Interessen durchgesetzt. Es heißt zwar, man unterstütze den Liikanen-Bericht, der auf europäischer Ebene eine schärfere Trennung von Geschäfts- und Investmentbanking vorschlägt. Doch zu einer massiven Schrumpfung des aufgeblähten Finanzsektors kann sich die Koalition offenbar nicht durchringen. Klute: „Eine sichere Trennung der hohen Risiken vom gesellschaftlich wichtigen Zahlungsverkehr und der Verwaltung von Spar- und Girokonten lässt sich so kaum umsetzen. Statt hochspekulative Geschäfte nur halbherzig abzuspalten, sollten diese massiv eingedampft werden."
Bei der europäischen Bankenunion will die SPD offenbar bei der Umsetzung der europäischen Bankenunion mit einem Verhandlungserfolg wuchern. Sollte ein Mitgliedstaat der EU künftig trotz gemeinsamer Bankenabwicklung noch Banken auffangen müssen, dann gehen diese Zahlungen nicht in die Berechnungen des Defizits nach den Kriterien des Stabilitäts- und Wachstumspakts ein. Der Würgegriff der Schuldenbremse wird damit ein wenig gelockert, die Schulden aber bleiben. Axel Troost, finanzpolitischer Sprecher der LINKEN im Bundestag: „Um den Teufelskreis zwischen der Rettung maroder Banken und dem Verarmungsdiktat durch die Troika zu durchbrechen, wäre dagegen neben einer Abkehr von der Austeritätspolitik auch eine Abkopplung der Staatsfinanzierung von der Willkür der Finanzmärkte nötig, die über Kredite der Europäischen Zentralbank und Euro-Anleihen erreicht werden könnte."
Der Koalitionsvertrag erhofft sich, dass Banken nicht mehr durch Steuergelder gerettet werden sollen. Die Lösung dafür bleibt die Koalition allerdings schuldig. Zwar sollen Eigentümer und Gläubiger stärker als bisher an Bankenrettungen beteiligt werden (was inzwischen ohnehin Konsens ist). Doch die Abwicklung von Großbanken wird auch mit den diskutierten neuen Instrumentarien weiterhin Wunschphantasie bleiben. Durch Gläubigerbeteiligung und einen erst noch von den Banken aufzufüllenden Abwicklungsfonds werden auch nur die Kosten für die Abwicklung von Banken gesenkt, während die indirekten Kosten von Bankenkrisen weiter vollständig durch die Steuerzahler berappt werden müssen.
Gleiche Vorschriften für gleiche Geschäfte!
Auch bei der erforderlichen strengeren Regulierung von Schattenbanken verhungert der Koalitionsvertrag auf halber Strecke. Troost: „ Denn 'Gleiche Regeln für gleiches Geschäft' würde de facto ein komplettes Austrocknen des Schattenbankensektors bedeuten. Doch dafür wäre ein konsequentes Vorgehen gegen Schattenfinanzplätze erforderlich und nicht nur ein vages Bekenntnis zu Transparenz und der Begrenzung von Ansteckungsrisiken.".
Ein Lichtblick im Koalitionsvertrag ist indes das Bekenntnis zur Finanztransaktionssteuer, das allerdings nur ein altes Ergebnis aus den Verhandlungen zum Fiskalvertrag vom Juni 2012 erneuert. Sie soll auch auf Devisengeschäfte angewendet werden, wozu die bisherige Bundesregierung aber bisher keine Anstalten unternommen hat. Verdüstert wird die Forderung indes durch die Formulierung, negative Auswirkungen auf Renten, Kleinanleger und die Realwirtschaft sollten vermieden werden. Mit einem Zinssatz von 0,05 bis 0,1 Prozent und bei konservativer Anlagestrategie, die nicht ständig das Portfolio umschichtet, fällt die Steuer für normale Anleger so gut wie gar nicht ins Gewicht. Die von der Koalition übernommene Schutzklausel lässt sich auf die Propaganda der Finanzlobby ein und wurde ursprünglich von der FDP bei den Beratungen zum Fiskalpakt hineinverhandelt.
In Sachen Verbraucherschutz unterstützt der Vertrag immerhin den europäischen Richtlinienvorschlag zur Einführung eines Kontos für jedermann, verzichtet aber auf die Deckelung zum Teil unverhältnismäßig hoher Zinsen für Dispo-Kredite – hier erhält der Bankkunde künftig nur eine Warnung und unter Umständen ein Angebot für einen preiswerteren Kredit.
Immerhin hat sich die Verhandlungsrunde dazu durchgerungen, einer Forderung von Verbraucherschützen nachzukommen: die deutsche Finanzmarktaufsicht BaFin soll künftig stärker für den Verbraucherschutz zuständig sein.
Insgesamt gesehen bietet der Koalitionsvertrag wenig Neues für die Regulierung der Finanzmärkte. Die Koalition spielt hier Trittbrettfahrer bei laufenden Initiativen. Bei der Überwindung der Krise in Ländern wie Griechenland oder Portugal zementiert der Koalitionsvertrag die bisherige Krisenstrategie der Bundesregierung und wird die Spaltung Europas weiter verfestigen.